Die Brüder Humboldt: Eine Biographie (German Edition) by Manfred Geier
Autor:Manfred Geier [Geier, Manfred]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Sachbücher/Geschichte/Biographien, Autobiographien
Herausgeber: Rowohlt E-Book
veröffentlicht: 2015-06-12T16:00:00+00:00
III. In Schillers «Horen» und auf Goethes Spuren. Ihren unmittelbaren publizistischen Niederschlag finden die Jenaer Begegnungen in den Beiträgen, die Alexander und Wilhelm von Humboldt für Schillers Horen schreiben. In ihnen haben nicht nur die Ideen von 1794 ihre Spuren hinterlassen. Biographisch bedeutsam sind sie vor allem, weil sie uns über die unterschiedlichen Triebschicksale der beiden Brüder Auskunft geben. Man muss sie parallel lesen, um ihre Intentionen nachvollziehen zu können.
Im Ersten Band der Horen erscheint 1795 Wilhelm von Humboldts Aufsatz Über den Geschlechtsunterschied und dessen Einfluß auf die organische Natur. Kurz darauf folgt seine Betrachtung Über die männliche und weibliche Form. Es sind seine ersten «klassischen» Versuche, ein allgemeines Bild vom Ganzen der Natur und der Menschheit zu zeichnen. Er spricht vom Streben der Natur nach etwas Unbeschränktem, Großem und Vortrefflichem, das alle endlichen Kräfte und begrenzten Individualitäten übersteigt. Alles soll «Ein grosses Ganzes» (G. S. I, 314) bilden. Doch Humboldt, durch Kants Kritiken geschult, gibt sofort zu bedenken, dass dieses wunderbare und unermessliche Ganze als solches nicht erfahrbar ist. Es ist eine reine, idealische Größe, die in der wirklichen Welt, in der alles endlich, begrenzt, vereinzelt und an die Gesetze der Zeit gebunden ist, nicht aufzufinden ist.
Um diese Spannung zugleich deutlich machen und auflösen zu können, konzentriert sich Humboldt auf den «Geschlechtsunterschied». Denn dieser ist einerseits die sichtbarste Tatsache einer scharf entgegengesetzten natürlichen Differenz, wobei beide Seiten nicht einfach zu vertauschen sind und auch kein Drittes die typischen Unterschiede ohne weiteres auslöschen kann. Es gibt kein allgemeines Bild des Menschen als übergeschlechtliches Wesen, allenfalls bestimmte einzelne Züge einer Gestalt, in denen männliche und weibliche Eigenschaften «verwischt» sind. (G. S. I, 349) Andererseits lässt sich an der Verschiedenheit der Geschlechter demonstrieren, wie es der Natur selbst gelingt, aus der Ungleichartigkeit und endlichen Begrenztheit ihrer Kräfte und Formen ein Ganzes herstellen zu können. Beide Geschlechter «befördern, indem sie einander entgegenwirken, gemeinschaftlich die wunderbare Einheit der Natur, welche zugleich das Ganze aufs innigste verknüpft, und das Einzelne aufs vollkommenste ausgebildet zeigt». (G. S. I, 328)
Im Mittelpunkt seiner Betrachtungen und Überlegungen steht der Mensch. Humboldt konzentriert sich auf die typischen Charaktere von Mann und Frau, um über deren produktiven Widerstreit zur harmonischen Einheit gelangen zu können, wobei er organische, intellektuelle, moralische und ästhetische Eigenarten berücksichtigt. Es ist keine distanzierte Behandlung eines ihm fremden und äußerlichen Stoffs, die er typologisierend an den beiden Geschlechtern vornimmt. Er verarbeitet seine eigenen Erfahrungen, die er mit Frauen gemacht hat, von den frühen unerfüllten Sehnsüchten und ersten Liebschaften über seine groben sinnlichen Ausschweifungen mit den «Edlen» bis hin zur großen Liebesverbindung mit seiner Lina. Dabei ist nicht zu übersehen, dass die Polaritäten, die Humboldt grundsätzlich feststellt und detailliert ausmalt, auch kulturgeschichtlich geprägt sind. Seine männlichen und weiblichen Typen sind nicht frei von Stereotypen: männliche Kraft/weibliche Fülle; Einwirkung/Empfänglichkeit; Streben nach außen/Konzentration nach innen; Energie/Dasein; strenge Herrschaft der Form/anmutige Freiheit des Stoffes; begriffliche Aufklärung/bildliche Vorstellung.
Doch radikal und über seine Zeit hinausweisend ist noch immer sein Versuch, all diese Differenzen auf ihren Grund im Körperlichen zurückzuführen. Vom Einfluss des Geschlechtsunterschieds auf die organische Natur handelt Humboldts erster Horen-Beitrag.
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